30. Juli 2005

Heldin der Arbeit

... oder: die Macht des Bildes

Zu meiner Arbeit gehört es, Neugeborene nach der Geburt erstzuversorgen. Heute sind wir zu einer Kaiserschnittendbindung gerufen worden, und wenn man sich den Moment nimmt, um das herausgelöst aus der Routine zu betrachten, muß man zwei Dinge feststellen:

1. das Kind hätte bei Querlage und Mißverhältnis zwischen kindlichem Kopf und mütterlichen Becken spontan nie und nimmer den Mutterleib verlassen können.

2. Das Kind war eine halbe Minute oder länger nach dem Abnabeln vollkommen leblos, auch auf stärkste Stimulation hin. Auf freiem Feld geboren, wäre es wahrscheinlich gestorben oder hätte zumindest einen kapitalen Hirnschaden davon getragen.

Ich hab nur nie das Gefühl, jemandem "das Leben zu retten", meine Leistung besteht aus nichts anderem, als heute zum Dienst erschienen zu sein, und aus dem Wissen, daß ich bei meiner Ausbildung erhalten habe, und vielleicht der Routine, die ich habe.
Aber unter "das Leben retten" verstehe ich etwas mutigeres, etwas, bei dem es weniger beliebig ist, wer es tut.

Gleichzeitig würde mich dieselbe Situation als Szene in einem Film oder einer Dokumentation zutiefst berühren.
Eine seltsame Welt ist das. Ein seltsames Köpfchen ist das, was ich da auf den Schultern trage. Seltsam, was Routine mit einem anstellt.

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